Nilo mit seinen Karate-Freunden neben Bundesrat Ueli Maurer

Nilo und Nicole

Sind sie wie Hund und Katze? Oder doch wie ein Herz und eine Seele? Nilo und Nicole sind seit 10 Jahren Freunde – die Gegensätze machen das spannend.

Nicole rutscht unruhig auf dem Stuhl hin und her: «Sag du, sie hat dich gefragt!» Was sie zusammen am liebsten machen, wollten wir von Nilo wissen. Ohne den Blick von Nicole abzuwenden strahlt er: «Karate». Seit 5 Jahren besuchen sie zusammen das Karate-Training von Alessandro und Angelika in Rorschach. Sie lassen es nie ausfallen. Und sie trainieren ernsthaft und mit Disziplin. Nach dem weissen und gelben Gürtel haben sie bereits die Prüfung für den orangen gemacht. Grün, blau, braun und schwarz werden folgen, davon sind die beiden Teenager überzeugt.

Vor 10 Jahren ist Nicole nach Goldach gezogen und besucht seitdem die Heilpädagogische Schule Wiggenhof, wo sie Nilo kennen lernte. Sie wurden sofort Freunde. Nicole verbringt jedes zweite Wochenende bei Nilo. Letzten Samstag haben sie beim Detailhändler die Pet- und Milchflaschen sortiert, weil die Leute einfach alles in den gleichen Container werfen. Sie mögen es, draussen zu spielen, und sie reiten zusammen. Nilo auf Dixie und Nicole auf Cora. Auch beim Reiten sind sie ehrgeizig. Beide haben auch an Wettkämpfen von Special Olympics mitgemacht und Medaillen von Bronze bis Gold gewonnen. Das Reiten wechseln sie mit dem Karatetraining ab.

Gibt es nie Streit zwischen den beiden? «Doch, schon», meint Nicole, die wieder die Führung beim Antworten übernommen hat. «Zum Beispiel, welchen Bus wir nehmen wollen. Wenn keiner nachgibt, nimmt jeder seine Linie.» Nach 20 Minuten Fahrt kommen sie zuhause an und alles ist vergessen. Nicoles Mutter sagt, dass die beiden immer wieder auseinandergehen und wieder zusam menkommen. Nilo habe zu Beginn kaum etwas gesprochen, aber Nicole wusste immer, wann und ob er Durst oder Hunger hatte. So sei es auch im Karate, ergänzt die Trainerin Angelika. «Nicole weiss sehr genau, wann es für Nilo zu viel wird, auch wenn sie nicht gerade mit ihm übt. Sie erkennt einfach sofort, wie jemand drauf ist.» Nicole nickt eifrig und lacht.

«Mit dem älteren seiner zwei Brüder kämpft Nilo auch ab und zu, obwohl der ein 1,95-Meter-Baum ist, und ich habe auch schon mal was abbekommen», lacht der Vater. «Das Karate gibt ihm mehr Selbstvertrauen, auch im Bus, wo die Schüler manchmal angemacht werden.» Die Mütter von Nilo und Tanja hatten die Idee für das Karate-Training. PluSport hat es in Zusammenarbeit mit «Karate für Alle» umgesetzt. Weitere Trainings-Standorte sollen schweizweit aufgebaut werden. Nilo schwärmt gerade für Tanja. Auch sie ist im Karate. Sie wollen zwei Kinder haben; Charlie und Nicolas. Die Grossmütter sollen dann Kinder hüten und putzen, weil Nilo und Tanja arbeiten gehen. Am Samstag waren sie zusammen in der Disco. Die gibt es nur alle paar Wochen für Jugendliche mit Behinderung. Ob Nicole eifer- süchtig ist? Nein, sie bleiben dicke Freunde für immer und ewig.