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Sommer läutet Herbst seiner Karriere ein

Sechs Paralympics-Teilnahmen, fünf paralympische Diplome, drei Europameister-Titel, sechsfacher Schweizer Rekordhalter – Christoph Sommer prägte in den letzten zwei Jahrzehnten die paralympische Leichtathletik. Nun läuft der bald 50-jährige Berner seine letzten Langstrecken-Rennen als Spitzensportler.

Eigentlich startete Christoph Sommer zu Beginn seiner Karriere über kürzere Distanzen. Der Betriebsdisponent aus Utzensdorf, der als Sechsjähriger bei einem Unfall seinen linken Unterarm verlor, nahm 1994 an seinen ersten Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Berlin teil. Er startete dabei über 800 und 1500 Meter und holte mit der 4x100-m-Staffel WM-Silber. Vier Jahre später lief Sommer bereits einen WM-Marathon. In Birmingham/GBR verpasste er dabei die Medaille als Vierter äusserst knapp. «Als Kind habe ich immer Läufe bestritten, aber nie richtig trainiert», erzählt Sommer, der als Zehnjähriger Berner Meister über 1000m in seiner Alterskategorie wurde, «danach nahm die Trainingskadenz über die Jahre immer mehr zu, bis ich in Birmingham und später an den Paralympics in Sydney im Marathon startete.»

Paralympics-Premiere im Tischtennis

Seit seinen Anfängen sind zahlreiche Auszeichnungen dazugekommen. Sommer ist Europameister über 5000m (2005) und zweifacher über 1500m (2003 und 2005). Daneben holte er an Grossanlässen noch dreimal Bronze (zweimal EM über 1500m und WM über 5000m). Von 2000 in Sydney bis 2016 in Rio nahm er fünfmal in Folge für die Schweiz an Paralympics teil und holte ebenso viele Diplome.

Seine Paralympics-Premiere feierte der Leichtathlet allerdings nicht in Sydney, sondern als 20-Jähriger 1992 in Barcelona… im Tischtennis. «Das stimmt», sagt Sommer schmunzelnd. «Ich habe Tischtennis im Verein gespielt. Da die Schweiz aber keine Quotenplätze mehr hatte, wurde ich von Liechtenstein aufgeboten.» Diese erste Paralympics-Teilnahme hat der PluSport-Athlet aber nie an die grosse Glocke gehängt: «Das hat zum Glück niemand gemerkt, sonst hätte ich später wohl gar nicht mehr für die Schweiz starten dürfen.»

Von Zero nach Rio

Letztes paralympisches Highlight war für den Berner der 6. Rang beim Marathon in Rio. Dabei wäre Sommer ursprünglich in Brasilien gar nicht dabei gewesen. «Ich wurde im Juni nicht selektioniert. Weil aber die Schweiz nach der internationalen Doping-Sperre gegen russische Athleten zwei weitere Quotenplätze zugeteilt bekam, wurde ich Ende August doch noch aufgeboten», erinnert sich Sommer. Dem Familienvater blieb damals nicht viel Zeit zur Vorbereitung. «Ich habe nach der Nicht-Selektion nicht mehr speziell trainiert und mir die Halbmarathon-SM in Sarnen vom 4. September als Ziel gesetzt. Die SM bin ich auch gelaufen und habe den dritten Rang erreicht – am 18. September startete ich dann in Rio zum paralympischen Marathon und wurde Sechster.» Sommer war erst fünf Tage vor dem Start nach Brasilien geflogen. «Es war natürlich nicht ganz einfach, alles zu organisieren», erinnert er sich, «zum Glück haben mich meine Kollegen sehr unterstützt und sind für mich bei der Arbeit eingesprungen.»

Der Leichtathlet kann auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken. «Dass dies überhaupt möglich war, habe ich zu einem grossen Teil auch PluSport zu verdanken.» Das Kompetenzzentrum für Sport, Behinderung und Inklusion begleitet Sommer seit nunmehr rund 25 Jahren. «Sie haben mich finanziell unterstützt, sorgten für optimale Trainingsbedingungen und gute medizinische Betreuung. Wenn ich einen Wunsch oder ein Anliegen hatte, konnte ich mich einfach an PluSport wenden. Darüber bin ich unglaublich froh.»

Den Herbst seiner Karriere als Spitzensportler beendet Christoph Sommer nun auch im Herbst. Er läuft noch den Halb-Marathon in Luzern (30. Oktober) sowie die beiden Stadtläufe in Langenthal (6. November) und Basel (19. November). Besonders auf den Weihnachtslauf im Oberargaau vom 6. November freut er sich besonders, war er doch 25 Jahre für den LV Langenthal lizenziert. Anschliessend wird Christoph Sommer nur noch als aktiver Hobbyläufer anzutreffen sein. Worauf freut er sich nach seinem Rücktritt am meisten? «Es war eine unglaublich schöne Phase, aber ich freue mich auch auf die stressfreie Zeit.»

 

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