Zurück

«Geführt und doch selbstbestimmt» - Chantal Cavin im Amnesty Magazin

PluSport-Botschafterin Chantal Cavin spricht als Carte Blanche-Autorin im Magazin von Amnesty International über sich selbst, ihren Erfolg und ihre Mission in Sachen Inklusion.

Zur Person - Chantal Cavin

Chantal Cavin ist ehemalige Weltrekordhalterin und mehrfache Weltmeisterin im paralympischen Schwimmen und hat dreimal an den Paralympischen Spielen teilgenommen. Seit ihrem Rücktritt aus dem Schwimmsport läuft sie Triathlon und Marathon; sie war die erste blinde Frau, die einen Ironman absolvierte. Cavin ist Botschafterin für PluSport, den Schweizer Dachverband für Behindertensport.
 

«Barrierefreiheit und Inklusion beginnen zwar in unseren Köpfen, Gesetze für mehr Gleichstellung können hier aber unterstützend wirken.»

Sport ist seit Kindesalter meine Leidenschaft. Ich liebe es, mich zu bewegen, und trainiere, bis ich mit mir zufrieden bin. Ob gemütlich in der Natur zu joggen oder auch mal an einem Wettkampf richtig ans Limit zu gehen – beides möchte ich nicht missen.

Das geht sicher vielen Sportler:innen so. Der Unterschied ist: Ich bin blind und beim Sport auf Unterstützung angewiesen. Hier helfen mir meine Guides. Sie schauen, dass ich auf dem Weg bleibe, informieren mich über Hindernisse und Bodenbeschaffenheit, und wir passen gemeinsam unseren Laufrhythmus an. Einzelsport wird zum Teamsport.

Die Laufwettkämpfe bestreite ich mit Sportler:innen ohne Behinderungen, also mitten in der Läufergemeinschaft, und werde bewertet wie Läufer:innen ohne Behinderung. Ich freue mich immer darüber, willkommen zu sein und mich mit anderen zu messen. Denn nicht immer klappt es, dass ich mitmachen darf. So gab es einmal einen Wettkampf, an welchem ich teilnehmen wollte und zu welchem ich auch das Okay erhielt. Allerdings durfte ich dann vor Ort doch nicht starten. Die Begründung lautete: Ein Guide sei eine unzulässige Hilfe. Mein Frust war riesig. Trotz vorheriger Teilnahmezusage und trotz guter Vorbereitung auf den Lauf war meine Reise nach Frankreich umsonst. Das Gefühl damals, als die Athlet:innen starteten und mein Guide und ich im Startgelände zurückblieben, werde ich nie mehr vergessen.
 

Wie können wir Sport inklusiv oder integrativ machen?

Je nach Behinderung kommen nebst der Entscheidung der Veranstaltenden, den Schiedsrichter:innen und den regulatorischen Hürden ja noch weitere Hindernisse beispielsweise bei der Zugänglichkeit dazu. Schön wäre es, wenn wir hier Lösungen für alle fänden. Denn Barrierefreiheit und Inklusion beginnen zwar in unseren Köpfen, Gesetze für mehr Gleichstellung können hier aber unterstützend wirken.

Meine grössten Erfolge feierte ich im Schwimmsport. Ich war 20 Jahre im Para-Schwimmen aktiv, war an Europa- und Weltmeisterschaften und an den Paralympics – also im separativen Sport für Menschen mit Behinderungen. Ich durfte nebst den separativen Wettkämpfen aber auch integrativen und inklusiven Sport erleben. Ich finde, alle drei Wege sollten gleich offen sein, jede Sportlerin und jeder Sportler mit Behinderung sollte selbst entscheiden können. Das entscheidende Wort hier ist: selbstbestimmt.

Den Beitrag bei Amnesty: Geführt und doch selbstbestimmt

Bild: André Gottschalk

Jetzt den Newsletter abonnieren