Tête-à-tête

«Sport kann ein Vorbild für Inklusion sein»

Prinzessin Anunciata von und zu Liechtenstein und Vizepräsidentin des Liechtenstein Olympic Committee LOC im Gespräch mit PluSport.

Sie haben uns am PuSport-Tag in Magglingen besucht, wie sind Ihre Verbindungen zu PluSport?
Ich fühle mich nach diesem ersten Besuch schon sehr stark in die Gemeinschaft eingebunden und freue mich auf weitere Besuche.
Dann haben wir durch den neuen CEO Christof Baer, mit dem wir das Glück hatten, im LOC (Liechtenstein Olympic Commitee) zu arbeiten, eine sehr gute Grundlage, um zukünftige Wege der Zusammenarbeit mit Liechtenstein zu finden.

Wie haben Sie diesen Anlass erlebt?
Es war ein Tag voller Freude und Emotionen. Man hat wirklich das Gefühl, es sei eine große Familie, in die man sofort aufgenommen wird. Jeder wird akzeptiert, unabhängig von seinen Fähigkeiten. Von allen, die gemeinsam an Wettkämpfen teilnehmen, bis hin zu den Freiwilligen, die diese Veranstaltung möglich machen, sie schaffen ein unglaubliches Gemeinschaftsgefühl. Von meiner Seite ein grosses Danke an alle Teilnehmenden, es war eine sehr bereichernde Erfahrung und ein Anlass, der für die Gesellschaft beispielgebend sein kann.

Welche Bedeutung hat der Sport für Sie im Allgemeinen?
Da ich in verschiedenen Ländern und Schulen aufgewachsen und zur Schule gegangen bin, hat mir Sport als Mittel zur Integration sehr geholfen. In den Fussball- und Leichtathletikmannschaften der verschiedenen Schulen konnte ich neue Freundschaften schliessen und mich viel leichter an neue Umgebungen anpassen.
Sport hilft uns nicht nur, körperlich und geistig gesund zu bleiben, auch die Werte Freundschaft, Zusammenhalt und Fairness, die im Sport eine zentrale Rolle spielen, werden immer wichtiger, um sich in der komplexen Welt von heute zurechtzufinden. Deshalb sind die Einbeziehung des Sports in die Erziehung junger Menschen und integrative Sportveranstaltungen wie der PluSport-Tag so wichtig.

Auf welchen Fokus setzen Sie als Vize-Präsidentin des LOC?
Zunächst versuche ich, unseren Präsidenten und unseren Generalsekretär bei den wichtigen Themen, an denen wir arbeiten, zu unterstützen. Unter anderm bei der Entwicklung der Sportstrategie sowie bei der Fokussierung auf die Schnittstellen zwischen Schule und Sport.
Persönlich konzentriere ich mich auf den Breitensport und bin Vorsitzende des neu gegründeten Breitensport-Ausschusses. Wir unterstützen Verbände und Vereine in ihrer strategischen Entwicklung und ihrer Professionalisierung, damit sie mehr Menschen an das Sport-Ökosystem in Liechtenstein heranführen können. Zudem sind für mich Fragen der Nachhaltigkeit sowie der Aus- und Weiterbildung von Sportpersonal, Trainer:innen und Freiwilligen wichtige Bereiche meiner Arbeit. Zusätzlich bin ich auch Schirmherrin einer gemeinsamen Initiative mit dem Liechtensteinischen Fussballverband (LFV) "Kinder und Jugendliche stark machen im Sport", bei der der LFV und das LOC im Bereich Kinderschutz zusammenarbeiten.
Generell liegt mir die Maximierung des Potenzials des Sports für die Entwicklung der Jugend und einer gesunden und nachhaltigen Gesellschaft besonders am Herzen.

Wie muss man sich den Behindertensport in Liechtenstein vorstellen?
Paralympic Liechtenstein und Special Olympics Liechtenstein sind Mitglieder unseres Olympischen Komitees. Beide sind sehr gut organisiert und aktiv. Sie spielen eine zentrale Rolle bei der Förderung des Behindertensports und der Integration.
Die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist auch eine Priorität des Sportministeriums und es ist klar, dass Sport ein wichtiges Instrument für die Inklusion ist. Training mit Partnern, inklusive Wettbewerbe und Sportcamps finden in Liechtenstein immer häufiger statt. Zudem werden Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen geschaffen, gemeinsam mit Menschen ohne Behinderungen Sport zu treiben. Der Olympic Day ist ein gutes Beispiel dafür. Solche Veranstaltungen ermöglichen es, wichtige soziale Beziehungen aufzubauen und die Interaktion zu fördern. 

Wo sehen Sie Parallelen mit der Schweiz, gibt oder gäbe es Synergien, die genutzt werden sollten?
Die Zusammenarbeit im Rahmen des Programms "Jugend und Sport" ist ein gutes Beispiel für die Parallelen, die wir haben und die wichtigen Synergien, die wir nutzen. Das Programm unterstützt inklusive Sportaktivitäten mit zusätzlichen Beiträgen und mit speziellen Ausbildungsmodulen für Lehrpersonen und Trainer:innen. Im vergangenen Mai wurde gemeinsam mit dem Bundesamt für Sport sowie mit Special Olympics Liechtenstein ein Modul "Sport und Handicap" angeboten. 20 Trainer:innen konnten sich mit dem Thema befassen und durch praktische Beispiele und Informationen Erfahrungen im  Umgang mit diversen Gruppen gewinnen. Sie können dies nun im Training umsetzen und das Thema weiter voranbringen.
Gelegenheiten gibt es auch bei der gemeinsamen Nutzung von Trainingsanlagen, gemeinsam organisierten Workshops zum Thema, durch die Schaffung von mehr Wettbewerben, an denen Sportler:innen mit Behinderungen aus beiden Ländern teilnehmen können, und vielleicht sogar die Teilnahme einer Delegation aus Liechtenstein am PluSport-Tag. Es gibt sicher noch vielen Möglichkeiten der Optimierung der Zusammenarbeit.

Wäre eine Zusammenarbeit mit PluSport, dem Schweizer Behindertensport, denkbar?
Liechtenstein aber auch die Schweiz könnte sicher noch mehr von einer Zusammenarbeit profitieren. Der Austausch von Know-how, Best Practice und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und Infrastruktur sind Stichworte dazu. Glücklicherweise hat der neue CEO von PluSport, Christof Bear, eine Vergangenheit beim LOC, und wir sind deswegen bestens vernetzt.

Wo steht die Gesellschaf in Ihrer Optik betreffend Inklusion?
Die Gesellschaft hat in Sachen Inklusion grosse Fortschritte gemacht . Wir sind im Allgemeinen gegenüber diesem Thema sensibler geworden und erkennen die Bedeutung der Inklusion für den Aufbau einer gut abgerundeten, gesunden und funktionierenden Gesellschaft. Forschung, Bildung und Erfahrung zu diesem Thema haben ebenfalls wesentlich dazu beigetragen, dass wir besser mit diesem Thema umgehen und es besser verstehen. In einer Gesellschaft, die einerseits zu Uniformität und Konformismus tendiert und sich andererseits zunehmend polarisiert und dem Dialog und der Verständigung im Wege steht, ist das Thema Inklusion wichtiger denn je, und auch hier hat der Sport die Chance, ein Vorbild für die Inklusion zu sein.

Para-Spitzensport-Wettkämpfe

21.03.2024 - 24.03.2024 WM Cycling Bahn, Rio de Janeiro (BRA)

17.05.2024 - 25.05.2024 WM Leichtathltik, Kobe (JPN)

28.08.2024 - 08.09.2024 Paralympics, Paris (FRA)

21.09.2024 - 29.09.2024 WM Cycling Strasse, Zürich