Flurina Rigling überzeugte besonders im Strassenrennen der Kategorie C2, wo sie im strömenden Regen souverän gewann. Mit einem beeindruckenden Vorsprung von über drei Minuten sicherte sie sich den Weltmeistertitel. Seit ihrem WM-Debüt 2021 hat sie in jedem Rennen eine Podestplatzierung erreicht, was ihre konstante Spitzenleistung unterstreicht.
Franziska Matile-Dörig holte in der Kategorie C4 sowohl im Zeitfahren Gold als auch im Straßenrennen trotz eines Sturzes Silber. Auch Celine van Till konnte sich nach dem Gold im Zeitfahren im Straßenrennen Silber sichern, hinter der Dänin Emma Lund.
Inklusiver Wegweiser
Dementsprechend positiv fällt das Fazit aus sportlicher Sicht aus. «Wir sind sehr glücklich über die Resultate, die unsere Athlet:innen über die neun Renntage geliefert haben», sagt Olivia Stoffel, unsere Delegationsleiterin Para-Cycling an der WM in Zürich. Es sei 'eine super Bühne', die sie bekommen hätten, um den Sport einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. «Es waren organisatorisch einige Hürden da, um diese Rennen durchzuführen. Für uns war es extrem schön, daheim eine solche WM erleben zu dürfen.»
Zu den Aussichten, dass auch in Zukunft kombinierte Strassen-Weltmeisterschaften ausgetragen werden, sagt Stoffel: «Wir hoffen natürlich, dass es kein Einzelfall bleibt.» Es brauche Veranstalter, die gewillt sind, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. «Solange es keine internationale Bestrebungen gibt, inklusive Weltmeisterschaften vorzuschreiben, sind wir jedoch auf solche Veranstalter angewiesen.»
Im nächsten Jahr werden die WM-Medaillen im Para-Cycling in Belgien vergeben, während Ruanda als erster afrikanischer Ausrichter die Radsport-Elite empfängt.
Die Rad-WM in Zürich wurde durch den tödlichen Unfall der Radsportlerin Muriel Furrer überschattet. Flurina Rigling widmete ihren Sieg der jungen Kollegin und sagte: «Wir sind eine Familie – ich bin für sie gefahren.» Die Tragödie zeigte der Radsportgemeinschaft ihre Stärke und ihren Zusammenhalt, indem sie Muriels Andenken ehrte und gleichzeitig die Leidenschaft für den Sport, die sie alle verbindet, weiterlebte.
Zürich 2024, mit dem Motto «TOGETHER WE RIDE» sind erstmals mit den UCI-Strassenweltmeisterschaften und den Para-Strassenweltmeisterschaften alle Rad-Athlet:innen gemeinsam dabei um diesen einzigartigen Event miteinander zu zelebrieren. So können wir in der Stadt und im Kanton Zürich vom Samstag, 21. September bis am Sonntag, 29. September spannende Rennen verfolgen.
Diese PluSport-Athlet:innen waren am Start
Celine van Till
Jahrgang: 1991
Wohnort: Grand-Lancy GE
Disziplinen: Strassenrennen
Behinderung: Hirnschäden (Gleichgewichts- und Koordinationsschwierigkeiten; Sehbehinderung)
Social Media: Instagram
Homepage: www.celinevantill.ch
Beruf: Spitzensportlerin und Geschäftsführerin von Lead 2 Progress SA
Hobbies: Die Freunde
Stärken/Schwächen: Meine Entschlossenheit und Schwierigkeiten in Chancen umzuwandeln / meine Hyperaktivität
Motto: Alles ist möglich
Schönster Moment: Meine ersten Paralympischen Spiele in Rio 2016! Der Rest kommt noch...
Flurina Rigling
Jahrgang: 1996
Wohnort: Hedingen ZH
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fehlen von 4 Finger- und Fusssträngen
Social Media: Instagram LinkedIn
Homepage: www.flurina-rigling.ch
Beruf: Profisportlerin & Masterstudentin Politikwissenschaften ETH
Hobbies: Natur & Bergwelt erkunden, Gärtnern, Kochen
Stärken/Schwächen: Disziplin, Hartnäckigkeit, Organisieren und strukturieren, um alles unter einen Hut zu bringen / manchmal täte mir etwas mehr Lockerheit gut
Motto: Trust the process -The greater the obstacle,the more glory in overcoming it.

Franziska Matile-Dörig
Jahrgang: 1992
Wohnort: Winterthur ZH
Disziplinen: Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fussgelenksversteifung links
Social Media: Instagram
Beruf: Physiotherapeutin, Ernährungs- und ADHS Coach
Hobbies: Gesang, Lesen
Stärken/Schwächen: Willensstärke, diszipliniert / ungeduldig
Motto: Die grösste Grenze im Leben ist die, die du dir selbst setzt
Schönster Moment: Mein erster Weltcup Podestplatz im Paracycling
Timothy Zemp
Jahrgang: 1993
Wohnort: Zürich
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fibulärer Längsdefekt
Social Media: Instagram
Beruf: Geschäftsführer IT Unternehmen
Hobbies: Velo
Motto: Don't overthink it
Roger Bolliger
Jahrgang: 1974
Wohnort: Bottenwil AG
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Oberschenkelamputation rechts
Social Media: Instagram Facebook
Beruf: Käser / Technischer Kaufmann
Hobbies: Sport allgemein, kochen, lesen
Stärken/Schwächen: Allrounder / mein Handicap
Motto: Never give up
Schönster Moment: Gemeinsame Zeit mit meiner Partnerin
Laurent Garnier
Jahrgang: 1968
Wohnort: Grandson VD
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Einseitige Chopart-Amputation (am rechten Fuß)
Social Media: Instagram

Christoph Zundel

Aktuelles zum Para Cycling
Text: Kurt Henauer, Bieler Tagblatt
Wer mit der 33-jährigen Celine van Till am Tisch sitzt und ein Gespräch führt, merkt kaum, dass sie behindert ist. Steht sie auf, sieht man, dass Koordination und Gleichgewicht nicht ganz stimmen. Der Grund ist ein Unfall beim Reiten am 30. Juni 2008 in Deutschland. Das Pferd fiel auf Celine van Till, die als 17- Jährige im Junioren-Dressur-Kader war. Auf einen Schlag wurde es schwarz vor ihren Augen. Vier Wochen war sie im Koma und lag monatelang im Spital. Sie musste wieder lernen zu leben, so wie ein neugeborenes Kind. Nach dem Unfall, bei dem sie ein schweres Schädel- Hirn-Trauma erlitten hatte, war sie im Rollstuhl, mit Lähmungen an Armen und Beinen, sehbehindert, koordinativ und mit dem Gleichgewicht eingeschränkt, hatte Spasmen.
Schritt für Schritt
Celine van Till hat sich wieder ins Leben zurückgekämpft. Sie wollte zum Unfall alles wissen. Den Zeitpunkt vom Unfall zurück ins (Sportlerinnen-)Leben hat sie in einem Buch beschrieben, «Pas à pas» (Schritt für Schritt) lautet der französische Titel. Vier Monate nach dem Unfall sass sie wieder auf einem Pferd. Sie begann ein Studium, stieg ins Berufsleben ein, nahm 2016 an den Paralympics in Rio de Janeiro im Reiten teil.
«Für mich ist wichtig, dass ich anderen helfen kann», sagt Celine van Till, die nach Rio 2016 zur Leichtathletik gefunden hatte. Sie war Ambassadorin eines Laufprojekts und trainierte so lange, bis sie selbst zehn Kilometer schaffte. Das war für sie die Wende zur Leichtathletik, aber im Sprint. «2018 war ich als Para-Leichtathletin zum ersten Mal in Magglingen», blickt sie zurück. Auf dem Weg an die Paralympics 2021 in Tokio fiel sie beim Training auf der Bahn auf den Kopf. Danach war der Sport vier Monate lang für sie kein Thema mehr. «Ich machte Gesundheitssport, aber der Leistungssport ist tief in meiner Seele verankert», sagt sie. Nachdem sie in Genf einen Triathlon mit einem Liegevelo bestritten hatte, wollte sie mit einem Stehend-Dreiradvelo Triathlon bestreiten. «Das gibt es aber im Parasport nicht», so Van Till. So versuchte sie sich im November 2021 im Tissot Velodrome in Grenchen auf einem Tandem. Da fiel ihr Leistungsvermögen dem Paracycling-Nationaltrainer Dany Hirs auf. «Er hat mir gesagt, ich solle es auf dem Dreirad versuchen, ich hätte gute Chancen», sagt die Genferin. Anfang 2022 stieg sie erstmals auf ein Dreirad und gewann im selben Jahr sowie 2023 und 2024 in ihrer Kategorie den Weltcup.
Ende Oktober 2023 rückte sie in die Spitzensport-RS in Magglingen ein, nachdem sie in Glasgow Weltmeisterin im Zeitfahren und Zweite im Strassenrennen geworden war. So konnte sie endlich Militärdienst leisten. Ins Militär zu gehen, war schon früher ihre Absicht. Warum? «Weil das ein Dienst am Vaterland ist und es mir einen Sinn im Leben gibt», so die Genfer FDP-Grossrätin. «Ich erfülle auch diese Mission als Politikerin und Mitglied in Vereinigungen für Handicap und Sport», bringt sie es auf den Punkt.
Zum ganzen Artikel im Bieler Tagblatt: Sie gibt nie auf
Jetzt den PluSport-Newsletter abonnieren